Werkbund

Experimentelle Werkbundsiedlungen von 1927–1932

1927 wurde die Weißenhofsiedlung in Stuttgart als erster und wichtigster Beleg des modernen neuen Bauens errichtet. Die Ausstellung des Deutschen Werkbunds sollte neue Wege zur Beseitigung der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg und Möglichkeiten des rationalen und erschwinglichen Wohnbaues aufzeigen. Es wurden 17 Architekten, Vertreter der europäischen Moderne, angesprochen, um „das neue Wohnen des Großstadtmenschen“ zu entwerfen. Die experimentellen Gebäuden in der Weißenhofsiedlung stellen heute ein einzigartiges Manifest der „klassischen“ Moderne dar und gaben den Werkbunden in anderen europäischen Ländern einen Impuls zur Entstehung ähnlicher Wohnsiedlungen in Breslau, Brünn, Prag, Wien und Zürich. Obwohl diese Werkbundsiedlungen mit dem gleichen Ziel erbaut wurden, entwickelten sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg im geteilten Europa unterschiedlich. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs fanden jedoch die Werkbundsiedlungen wieder den Weg zueinander, und im März 2020 wurde das Netzwerk der Werkbundsiedlungen mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet.

Villenkolonie Baba - Prag

Pavel Janák, der Architekt und Vorsitzende des Tschechoslowakischen Werkbundes, hatte seit 1928 ein paar städtebauliche Varianten für das Gebiet der künftigen Wohnsiedlung am Stadtrand entworfen. Schließlich wurde ein System von 4 parallelen Straßen, die den Höhenlinien folgten, mit Bebauung in schachbrettartiger Weise, um die Privatsphäre zu wahren und einen einzigartigen Blick auf die Stadt zu bieten, ausgewählt. Es entstanden private, freistehende Einfamilienhäuser für die obere Mittelschicht unter Ausschluss des sozialen Aspekts und der unterschiedlichen Typologien von Gebäuden.

Ein Versuch, die letzte Grundstücksreihe nach den Entwürfen aus dem Studentenwettbewerb zu bauen, schlug fehl. Infolge der großen Wirtschaftskrise (1933-1934) wurde die Umsetzung weiterer Ideen wie Atelierhaus, Sportpavillon und Cafépavillon eingestellt.

In den Jahren 1932-36 wurden insgesamt 33 Gebäude errichtet, 20 davon während der „Wohnungsausstellung“ im Herbst 1932.

Die Villenkolonie Baba ist ein wertvolles Beispiel für die Architektur der Zwischenkriegszeit, insbesondere im Hinblick auf Verhältnismäßigkeit, Städtebau- und Landschaftslösungen. Im Gegensatz zu anderen Werkbundsiedlungen wurden die Häuser nicht als „Manifeste“ erbaut, sondern sie entstanden auf Grundlage eines Dialogs zwischen Architekten und Bauherren (Investoren). Gerade aus diesem Grund hatte die Villenkolonie Baba einen enormen Einfluss auf die Verbreitung der Ideen des Funktionalismus im Wohnungsbau, und zwar nicht nur in der Tschechoslowakei, sondern auch im internationalen Kontext (Rumänien, Jugoslawien, Skandinavien).

Alle Häuser sind bis heute erhalten geblieben, befinden sich in Privatbesitz und stehen seit 1993 unter Denkmalschutz.

Wohnsiedlung im Bezirksteil Lainz - Wien

Seit seiner Gründung 1912 orientierte sich der Österreichische Werkbund darauf, architektonische und bauliche Qualität für die breite Masse erschwinglich zu machen. Dieser Aspekt wurde auch bei der Errichtung der Wiener Werkbundsiedlung berücksichtigt, die 1930-32 erbaut wurde und deren Motto „Moderne Haustypen für künftige Siedlungsanlagen – Wirtschaftlichkeit auf engstem Raum“ lautete.

Die Werkbundsiedlung in Wien ist unter der Leitung von Josef Frank entstanden, der bereits 1927 am Bau der Weißenhofsiedlung in Stuttgart beteiligt war. Unter den 33 Architekten war eine Frau – Margarete Schütte-Lihotzky. Drei Architekten stammen aus anderen europäischen Ländern (Gerrit Rietveld aus den Niederlanden, Hugo Häring aus Deutschland und André Lurcat aus Frankreich). Der in Wien geborene Richard Neutra war zu der Zeit bereits in den USA tätig. 

Im Sommer 1932 dauerte die Ausstellung 8 Wochen und zog mehr als 100.000 Besucher an, die 70 voll möblierte Einzel-, Doppel- und Reihenhäuser von außen und innen besichtigen könnten. 

In den Jahren 2011 bis 2017 wurden alle 48 Häuser, die im Eigentum der Stadt Wien sind, komplett renoviert. Das Ziel war es, den ursprünglichen Zustand der Gebäude unter den Bedingungen der Sicherstellung der aktuellen Wohnstandards wiederherzustellen. Alle Häuser sind heute bewohnt, wodurch sie ihren ursprünglichen Zweck weiterhin erfüllen.

Werkbundsiedlung Neubühl - Zürich

Neubühl wurde auch als eine Werkbundsiedlung in den Jahren 1927-1932 erbaut. Sie wird jedoch nicht mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegelausgezeichnet, weil die Schweiz kein Mitglied der EU ist.

Diese Wohnsiedlung entstand in den Jahren 1930-32 und ist wie andere Musterhaussiedlung ein Beweis für den damals modernen Wohnbau, der von der Weißenhofsiedlung in Stuttgart inspiriert wurde. Aus Anlass des Schweizerischen Werkbundes entstand im Jahr 1928 eine Arbeitsgruppe und für das Projekt selbst wurde eine gemeinnützige Genossenschaft gegründet. 

Aufgrund seiner Lage auf dem Kamm eines Hügels über dem See entsprach das Grundstück den Prinzipien des modernen Bauens und dessen Anforderungen an ausreichend frische Luft und Sonnenschein. Die Wohnsiedlung umfasst vielfältige Wohngebäudetypen – von Einzimmerwohnungen bis zu einem Haus mit sechs Zimmern. Zusätzlich gibt es hier auch Gemeinschaftsraum, Kindertagesstätte, Geschäfte und Ateliers. 

Die kubischen Massen entsprechen mit ihren Flachdächern, hellen Fassadenfarben und Fensterbändern den Bauregeln im Geist der Moderne. Der Schottenbau ermöglichte eine innovative Gestaltung des Grundrisses und des Erscheinungsbildes der Fassade, unabhängig vom Bausystem. 

Im Unterschied zu den anderen Werkbundsiedlungen wurde hier die neue Art des Wohnbaus an anderen individuell gestalteten Ausstellungshäusern nicht überprüft. In diesem Fall unterwarfen sich die Architekten einem höheren Prinzip. Aus diesem Grund ist es gelungen, eine kompakte Wohnsiedlung mit verschiedensten Grundrissen zu errichten. Für die Einrichtung der Innenräume wurde ein selbstständiges Unternehmen gegründet, das die Möbel nach Entwürfen von Architekten herstellte. 

Die gesamte Wohnanlage ist von Anfang an bis heute erhalten geblieben. Seit 1978 ist ihr Gesamterscheinungsbild geschützt, 1986 wurde sie in die Liste der kulturhistorischen Objekte aufgenommen und steht seit 2010 unter Denkmalschutz. 

Werkbundsiedlung WuWA - Breslau

Nach dem internationalen Erfolg der Werkbundausstellung in Stuttgart wurde auch in Breslau eine Werkbundausstellung 1929 mit dem Titel „Wohnung und Werkraum (WuWA)“ veranstaltet. Das Ziel war es, neue, dem Zeitgeist entsprechende Formen für zeitgenössische Wohnungen und Werkräume zu präsentieren.

Innerhalb von drei Monaten konnten die Besucher 32 Gebäude mit 132 voll möblierten Wohneinheiten besichtigen. Das Gestaltungskonzept spiegelte die experimentellen und sozial utopischen Ideen der Autoren der Ausstellung teilweise wider. Es handelte sich um eine Reaktion auf die damalige soziale Entwicklung – zum Beispiel auf eine Veränderung der Rolle von Frauen in der Familie und bei der Arbeit. Aus diesem Grund umfasste die Wohnsiedlung auch eine Kindertagesstätte und ein Ledigenheim vom Architekten Hans Scharoun, und ein Hochhaus von Adolf Rading, das neue Formen des kollektiven Wohnens und Lebens förderte. Nach der Beendigung der Ausstellung wurde die Wohnsiedlung 2 Jahre für experimentelle Zwecke genutzt und sie wurde hauptsächlich von Künstlern, Architekten und Schriftstellern bewohnt. 

Obwohl Breslau im Zweiten Weltkrieg zu mehr als 80 % zerstört wurde, blieb die Werkbundsiedlung WuWA praktisch unberührt. Das deutsche Breslau wurde zum polnischen Wrocław, in das polnische Gebiet eingegliedert und mit neuen Einwohnern besiedelt. Die Einzigartigkeit dieses Ortes wurde in Fachkreisen hoch geschätzt. Seit 1972 ist das Ledigenheim von Scharoun denkmalgeschützt und seit 1979 sind es auch alle sonstigen Häuser in der Werkbundsiedlung WuWa. Den gesamten Denkmalschutz erhielt diese Werkbundsiedlung im Jahr 2007. Die Werkbundsiedlung selbst wurde in die Schutzzone der nahe liegenden Breslauer Jahrhunderthalle einbezogen, die 2006 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen wurde. 

Za dobu tří měsíců si bylo možno prohlédnout 32 budov se 132 plně zařízenými bytovými jednotkami. Koncept uspořádání částečně odrážel experimentální a sociálně utopické představy autorů výstavy; jednalo se o reakci na tehdejší společenský vývoj – například na změnu role ženy v rodině i pracovním prostředí. Z tohoto důvodu byla součástí obytného souboru i mateřská škola, a kromě toho také domov pro svobodné architekta Hanse Scharouna a dům věžového typu od Adolfa Radinga, které propagovaly nové formy společného soužití a bydlení. Po ukončení výstavy sloužil obytný soubor po 2 roky experimentálním účelům a byl obydlen hlavně umělci, architekty a spisovateli. 

Vratislav byla za 2. světové války z více než 80 % zničena, obytný soubor WuWA však zůstal prakticky nedotčen. Z německé Breslau se stala polská Wrocław, která byla začleněna do polského území a do které se nastěhovali noví obyvatelé. V odborných kruzích byla jedinečnost této lokality velmi oceňována. Od roku 1972 je památkově chráněn Scharounův domov pro svobodné a od roku 1979 pak všechny domy obytného souboru WuWA. Celkovou památkovou ochranu jako urbanistický soubor získala lokalita v roce 2007. Samotná WuWA byla zahrnuta do ochranného pásma Haly století, která se nachází nedaleko a která byla v roce 2006 zapsána na Seznam světového kulturního a přírodního dědictví UNESCO. 

Werkbundsiedlung Brünn - Kolonie Nový Dům (Neues Haus)

Diese Werkbundsiedlung wurde im Rahmen der Ausstellung der zeitgenössischen Kultur in der Tschechoslowakei im Stadtbezirk Brünn-Žabovřesky 1928 erbaut. Die namhaften und vom Tschechoslowakischen Werkbund unterstützen Architekten entwarfen 16 Einfamilienhäuser mit einem minimalistischen Bauprogramm. Das Hauptziel war die Schaffung eines modernen, individuellen und erschwinglichen Wohnens, insbesondere für junge Familien. 

Die Werkbundsiedlung bestand aus 2 Einfamilienhäusern, 4 Doppelhäusern und 2 Reihenhäusern. Sämtliche Gebäude waren drei- bis viergeschossig, nicht unterkellert, verputzt und überwiegend weiß gestrichen und mit Flachdächern ausgestattet, die als Dachterrasse dienen sollten. 

Ähnlich wie bei anderen Werkbundsiedlungen in sonstigen europäischen Ländern war es auch in Brünn nicht einfach, der breiten Öffentlichkeit die zukunftsweisenden Ideen der neuen Architektur zu vermitteln. Insbesondere die Innovationen bei der Gestaltung von Innenräumen fanden damals nur wenig Verständnis.

Während des sozialistischen Regimes nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Nutzungszweck dieser Werkbundsiedlung geändert. 

Die Werkbundsiedlung Nový Dům dient heute als Beleg der damaligen Bemühungen der Architekten in Brünn, Schritt mit den wichtigsten Entwicklungstendenzen in der modernen europäischen Architektur zu halten, was an vielen Orten in Brünn zu sehen ist – zum Beispiel die weltberühmte Villa Tugendhat aus dem Jahr 1930, die nach Plänen des Architekten Ludwig Mies van der Rohe errichtet wurde (heute UNESCO-Weltkulturerbe), sowie Häuser im Masaryk-Viertel oder weitere wichtige Verwaltungsgebäude im Stadtzentrum. 

Weißenhofsiedlung in Stuttgart

Die Weißenhofsiedlung entstand 1927 im Rahmen der Bauausstellung „Die Wohnung“, organisiert vom Deutschen Werkbund. Das Ziel dieser experimentellen Architekturausstellung war es, neue Wege zur Beseitigung der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg und Möglichkeiten des rationalen, gesunden und erschwinglichen Wohnbaues aufzuzeigen. 

Es wurden 17 Architekten, Vertreter der europäischen Avantgarde, angesprochen, um „das neue Wohnen des Großstadtmenschen“ zu entwerfen. In sehr kurzer Zeit wurden 21 voll funktionsfähige Versuchsgebäude mit 63 Wohnungen erbaut.

Die Weißenhofsiedlung stellt ein einzigartiges Manifest der „klassischen“ Moderne. Es gibt keinen vergleichbaren Ort, an dem sich die damalige Avantgarde so programmatisch zusammen präsentieren würde. Die konsequent kubische Form der Gebäude ist ein Beweis für den Durchbruch des neuen Baustils, der später die Form des 20. Jahrhunderts als sogenannter „internationaler Stil“ mitgestaltete. 

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Werkbundsiedlung als „kulturelle Schande“ bezeichnet und während des Zweiten Weltkriegs wurden 10 Häuser zerstört. Unmittelbar nach dem Krieg wurde die Weißenhofsiedlung etwas vernachlässigt. Seit 1958 ist sie jedoch als Denkmal geschützt und in den 1980er Jahren wurde sie vollständig rekonstruiert. Im Jahr 2006 wurde in dem von Le Corbusier entworfenen Doppelhaus das Weißenhofmuseum eröffnet und im Jahr 2016 wurden die beiden Häusern von Le Corbusier unter der Bezeichnung „Das architektonische Werk von Le Corbusier – ein herausragender Beitrag zur Modernen Bewegung“ in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. 

Bylo osloveno 17 architektů z řad evropské avantgardy, aby navrhli „bydlení pro obyvatele moderního velkoměsta“. Ve velmi krátké době bylo postaveno 21 plně funkčních experimentálních budov s 63 byty.

Obytný soubor Weissenhof představuje jedinečný manifest „klasického“ modernismu. Neexistuje podobné místo, na kterém by se tehdejší avantgarda v takové míře společně programově prezentovala. Důsledně kubická forma budov je dokladem průlomu nového stavebního stylu, který později jako tzv. „mezinárodní styl“ spoluvytvářel podobu 20. století. 

V období národního socialismu byl obytný soubor označen za „kulturní hanbu“ a během 2. světové války došlo ke zničení 10 domů. Bezprostředně po válce byl Weissenhof poněkud zanedbáván, nicméně již od roku 1958 je památkově chráněn a v 80. letech prošel celkovou rekonstrukcí. V roce 2006 bylo ve dvojdomu navrženém Le Corbusierem otevřeno Muzeum Weissenhof (Weissenhofmuseum) a v roce 2016 došlo k zapsání obou Le Corbusierových domů na mezinárodní Seznam světového kulturního a přírodního dědictví UNESCO s názvem „Architektonické dílo Le Corbusiera – výjimečný příspěvek modernismu“.